Mängel/Mietminderung

Die Beseitigung von Mängeln ist im Normalfall Sache des Vermieters. Bis zur Beseitigung kann man die Miete mindern. Leider ist es nicht immer so klar, was ein Mangel ist und ob man die Umstände vielleicht doch hinnehmen muss. Auch ist bezüglich der Minderung einiges zu beachten.

Urteile und Interessantes

Zum Mietmangel wegen Lärmbelästigungen durch einen neuen Bolzplatz

Der Bundesgerichtshof hat heute eine Grundsatzentscheidung zu der Frage getroffen, unter welchen Voraussetzungen der Mieter einer Wohnung wegen sog. Umweltmängel – hier Lärmbelästigungen von einem Nachbargrundstück – die Miete mindern darf und wie dabei Kinderlärm zu berücksichtigen ist.

Die Beklagten mieteten vor vielen Jahren von den Klägern in Hamburg eine Erdgeschosswohnung nebst Terrasse. Das Wohngrundstück grenzt an eine Schule, auf deren Gelände im Jahr 2010 – zwanzig Meter von der Terrasse der Beklagten entfernt – ein Bolzplatz errichtet wurde. Der Bolzplatz soll nach der vom Schulträger angebrachten Beschilderung Kindern im Alter bis zu 12 Jahren von Montag bis Freitag bis 18:00 Uhr zur Benutzung offenstehen. Ab Sommer 2010 rügten die Beklagten gegenüber den Klägern Lärmbelästigungen durch Jugendliche, die auch außerhalb der genannten Zeiten auf dem Bolzplatz spielten, und minderten deshalb seit Oktober 2010 die Miete um 20 %. Die Kläger halten die Mietminderung für unberechtigt und begehren mit ihrer Klage Zahlung der restlichen Miete sowie die Feststellung, dass die Beklagten nicht berechtigt seien, wegen des Lärms die Miete zu mindern. Die hierauf gerichtete Klage ist vor dem Amts- und dem Landgericht ohne Erfolg geblieben.

Die vom Landgericht zugelassene Revision, mit der die Kläger ihr Zahlungs- und Feststellungsbegehren weiter verfolgen, hatte Erfolg.

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass nachteilige Einwirkungen auf die Mietsache von außen– sogenannte „Umweltmängel“ – zwar Gegenstand einer Vereinbarung über die Beschaffenheit der Mietwohnung sein können, so dass im Laufe der Zeit eintretende nachteilige Änderungen wegen eines Zurückbleibens der vereinbarten hinter der tatsächlich bestehenden Beschaffenheit zu einem Mangel der Mietsache (§ 536 Abs. 1 BGB*) führen können. Allerdings kann – entgegen einer verbreiteten Praxis – bei Fehlen ausdrücklicher Vereinbarungen nicht ohne konkrete Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, die Mietvertragsparteien hätten gleichwohl den bei Vertragsschluss vorgefundenen Wohnstandard zumindest stillschweigend dahin festlegen wollen, dass dieser Zustand sich in Bezug auf Umwelteinflüsse über die Dauer des Mietverhältnisses hinweg nicht nachteilig verändern darf und der Vermieter seinen Fortbestand jedenfalls im Wesentlichen zu garantieren hat. Solche konkreten Anhaltspunkte waren den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hier nicht zu entnehmen.

Bei Fehlen einer derartigen Vereinbarung im Mietvertrag ist die Frage, ob und in welchem Umfang der Mieter ein nachträglich verändertes Maß an Geräuschimmissionen hinzunehmen hat, ohne sich auf einen Mangel der Mietwohnung berufen zu können, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung unter Rückgriff auf die Verkehrsanschauung zu beantworten. Entgegen einer vielfach vertretenen Auffassung hat ein Vermieter dabei aber im Rahmen seiner nach § 535 Abs. 1 BGB** bestehenden Pflicht, die Wohnung in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten, nicht dafür einzustehen, dass sich ein bei Vertragsschluss hingenommenes Maß an Geräuschen vom Nachbargrundstück nicht nachträglich vergrößert, wenn er diese Geräusche selbst gegenüber dem Nachbarn gemäß § 906 Abs. 1 BGB*** (entschädigungslos) zu dulden hätte. Denn Unmögliches hätte der Mieter, wenn die Vertragsparteien das Ansteigen der Geräuschkulisse bei Vertragsschluss bedacht hätten, vom Vermieter redlicherweise nicht beanspruchen können. Er hätte vielmehr nur verlangen können, dass der Vermieter einen von ihm nicht mehr zu duldenden Geräuschanstieg gegenüber dem Dritten abwehrt oder ihm eine Minderung zubilligt, wenn auch er selbst von dem Dritten für eine wesentliche, aber als ortüblich zu duldende Störung einen Ausgleich (vgl. § 906 Abs. 2 BGB) verlangen kann.

Vor diesem Hintergrund ist der Bundesgerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass in den hier neu aufgetretenen Lärmbelästigungen jedenfalls dann kein Mangel der Mietsache gesehen werden kann, wenn auch der Vermieter selbst die Belästigungen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten – etwa mit Rücksicht auf das bei Kinderlärm bestehende Toleranzgebot des § 22 Abs. 1a BImSchG **** – als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen müsste. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt es nicht darauf an, das § 22 Abs. 1 a BImSchG erst im Jahr 2011 und damit lange nach dem Abschluss des Mietvertrages in Kraft getreten ist. Denn diese Privilegierungsregelung ist nach dem Willen des Gesetzgebers darauf angelegt, über seinen eigentlichen Anwendungsbereich und das damit vielfach verklammerte zivilrechtliche Nachbarrecht hinaus auch auf das sonstige Zivilrecht, insbesondere das Mietrecht und das Wohnungseigentumsrecht auszustrahlen, sofern dieses jeweils für die Bewertung von Kinderlärm relevant ist.

Da hierzu die erforderlichen Feststellungen – insbesondere die Frage, ob die von den Beklagten geltend gemachten Lärmbelästigungen von Kindern oder von (nicht unter die Privilegierung des § 22 Abs. 1a BImSchG fallenden) Jugendlichen oder jungen Erwachsenen verursacht werden – bisher nicht getroffen sind, war das Berufungsurteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das Landgericht zurückzuverweisen.

* § 536 BGB Mietminderung bei Sach- und Rechtsmängeln

(1) Hat die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt, oder entsteht während der Mietzeit ein solcher Mangel, so ist der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung der Miete befreit. Für die Zeit, während der die Tauglichkeit gemindert ist, hat er nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt außer Betracht.

** § 535 BGB Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten…

*** § 906 BGB Zuführung unwägbarer Stoffe

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

**** § 22 BImSchG Pflichten der Betreiber nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass 1. schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,

2. nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden […].

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

Urteil vom 29. April 2015 – VIII ZR 197/14

AG Hamburg-Harburg – Urteil vom 16. Dezember 2013 – 644 C 148/13

LG Hamburg – Urteil vom 26. Juni 2014 – 307 S 11/14

Karlsruhe, den 29. April 2015

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501
Bundesgerichtshof

Nr. 072/2015 vom 29.04.2015

Wir als Mieterverein betrachten die Gedankengänge, die vom BGH zur Mietminderung bei Mängeln, die von einem Nachbargrundstück ausgehen, für sehr Besorgnis erregend. Wenn man diese konsequent anwendet, scheidet eine Mietminderung bei den meisten Beeinträchtigungen, die z.B. von einer Baustelle auf dem Nachbargrundstück, einer neuen Gaststätte in der Nachbarschaft o.ä. ausgehen, aus. Das entspricht nicht den bisher vorherrschenden Vorstellungen.        W.R.

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Rauchen in der Wohnung oder auf dem Balkon

Die Schutzgesetze für Nichtraucher regeln lediglich das Verbot des Tabakrauchens in den dort genannten vollständig umschlossenen Räumen, vornehmlich öffentlichen Einrichtungen, Hotels, Gaststätten etc (z.B. § 2 Abs. 1 u. 2 BbgNiRSchG) Dazu gehört nicht das Rauchen in gemieteten Räumlichkeiten einschließlich mitvermieteter Balkone. Es gibt keine Regelungen, die das Rauchen und dessen Folgen in der Privatsphäre betreffen.

Bundesgerichtshof:

Rauchen in der Mietwohnung gehört grundsätzlich, wenn die Mietparteien keine dies untersagende oder einschränkende Vereinbarung getroffen haben, zum vertragsgemäßen Gebrauch.

Rauchen in der Mietwohnung begründet nur dann eine Schadenersatzpflicht des Mieters, wenn dadurch Verschlechterungen der Wohnung verursacht werden, die sich nicht mehr durch Schönheitsreparaturen beseitigen lassen.

LG Potsdam:

Das Rauchen von 20 Zigaretten am Tag auf dem Balkon muss von den Mietern in der darüberliegenden Wohnung hingenommen werden.

AG Bonn:

Der Bewohner eines Mehrfamilienhauses kann einem Nachbarn das Rauchen auf dessen Balkon nicht untersagen. Es käme hier zu einer Kollision mit allgemeinen Persönlichkeitsrechten und der Freiheit der privaten Lebensführung.

Mietminderung?

Ob man als betroffener nichtrauchender Mieter die Miete mindern kann ist umstritten. Das AG Lübeck bejahte das in einem Fall, wo Zigarettenrauch aus baulichen Gründen durch die Decke und Lüftungsschächte drang und hielt eine Minderung von 5 % für gerechtfertigt.

 

 

Anforderungen an die Darlegung eines Mangels der Mietwohnung

Da die Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes eintritt, muss der Mieter nur einen konkreten Sachmangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt, vortragen. Das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (oder einen bestimmten Minderungsbetrag) braucht er hingegen nicht anzugeben. Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen durch Lärm oder Schmutz ist deshalb die Vorlage eines "Protokolls" nicht erforderlich. Vielmehr genügt grundsätzlich eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen (Partygeräusche, Musik, Lärm durch Putzkolonnen auf dem Flur o.ä.) es geht, zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten. 

Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. Februar 2012 VIII ZR 155/11

Verjährung des Anspruches auf Mangelbeseitigung

Teilweise wurde die Meinung vertreten, dass der Anspruch eines Mieters auf Beseitigung eines Mangels der Wohnung nach drei Jahren verjährt sei. Dies ist lt. Bundesgerichtshofes nicht so: während der Mietzeit ist dieser Anspruch nicht verjährbar.

(BGH, Urteil vom 17.2.2010 – VIII ZR 104/09)   

Trittschallschutz

Wenn der Trittschallschutz eines Gebäudes den DIN-Normen entspricht, die zur Zeit der Errichtung des Gebäudes galten, liegt kein Mangel vor.
(BGH, Urteil vom 17.6.2009 – VIII ZR 131/08) 

Mietminderung

Das Amtsgericht Fürth entschied mit Urteil vom 17.10.2006 (Az 310 C 1727/06) dass ein Mieter wegen Sanierungsarbeiten an einer Brücke, in deren Nähe seine Mietwohnung liegt, nicht die Miete mindern kann, weil die Sanierungsarbeiten ein allgemeines Lebensrisiko darstellen, das beim Mieter verbleibt und nicht auf den Vermieter übergeht.

Man kann sicherlich nicht jeden von "außen" kommenden Mangel als Lebensrisiko des Mieters abtun – bevor die Miete gemindert wird sollte aber auf jeden Fall fachkundiger Rat eingeholt werden. 

Wohnfläche kleiner als im Mietvertrag

Eine Abweichung der tatsächlichen Fläche einer Mietwohnung von der vertraglich vereinbarten von mehr als 10 % stellt einen Mangel der Mietsache dar. Die Miete kann entsprechend reduziert werden. Zuviel bezahlte Mieten muß der Vermieter zurückzahlen!


So entschied der Senat des BGHs mit Urteil vom 24.3.2004 (VIII ZR 295/03).


Wir halten dies für eine sehr wichtige Entscheidung – gerade für München, da die örtliche Rechtsprechung derartige Fälle in der Vergangenheit meist anders beurteilte. Man behandelte hier Größenangaben in Mietverträgen nicht als Zusicherung, sondern eher als unverbindliche Beschreibung der Mietsache und sah deshalb in einem Unterschied zwischen der wirklichen Fläche der Wohnung und den Angaben im Mietvertrag keine Grundlage für die Rückforderung eines Teils der Miete.  

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