Kündigung der Mietsache
Nach Wegfall der früher üblichen einfachen Zeitmietverträge gibt es nun leider öfter Kündigungsausschlüsse, die für den Mieter ähnliche Auswirkungen haben. Unter anderem finden Sie hier auch die wesentlichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu diesem Thema.
Urteile und Interessantes
Darlegungslast bei Verdacht auf vorgetäuschten Eigenbedarf
Durch eine schuldhafte unberechtigte Kündigung – insbesondere im Falle des Vortäuschens eines in Wahrheit nicht bestehenden Selbstnutzungswillens – kann sich ein Vermieter schadensersatzpflichtig machen, wenn der Mieter daraufhin auszieht und infolgedessen Vermögenseinbußen erleidet. Dabei trifft den Vermieter nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2016 – VIII ZR 300/15, NZM 2017, 23 Rn. 15) in Fällen, in denen er den zur Grundlage der Kündigung gemachten Bedarf nach dem Auszug des Mieters nicht realisiert, eine besondere („sekundäre“) Darlegungslast zum nachträglichen Wegfall des Bedarfs. Setzt der Vermieter den behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug des Mieters nicht um, liegt nämlich der Verdacht nahe, dass der Bedarf nur vorgeschoben gewesen ist. Unter diesen Umständen ist es dem Vermieter zuzumuten, substantiiert und plausibel („stimmig“) darzulegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung vorgebrachte Bedarf nachträglich entfallen sein soll.
(BGH, Urteil vom 29. März 2017 – VIII ZR 44/16)
Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofes
Nr. 042/2017 vom 29.03.2017
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Zur fristlosen Kündigung des Vermieters im Anschluss an einen Streit mit dem Mieter
Der Beklagte ist seit Juli 2006 Mieter eines Hauses der Klägerin. Am 16. August 2012 suchte die Klägerin den Beklagten vereinbarungsgemäß auf, um zwischenzeitlich installierte Rauchmelder in Augenschein zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit versuchte die Klägerin, das gesamte Haus zu inspizieren und gegen den Willen des Beklagten auch Zimmer zu betreten, die nicht mit Rauchmeldern versehen waren. Sie öffnete dabei ein Fenster und nahm Gegenstände von der Fensterbank. Der Aufforderung des Beklagten, das Haus zu verlassen, kam die Klägerin nicht nach. Daraufhin umfasste der Beklagte die Klägerin mit den Armen und trug sie aus dem Haus. Wegen dieses Vorfalls erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 29. August 2012 die fristlose und hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses.
Die von der Klägerin erhobene Räumungsklage ist vor dem Amtsgericht erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Räumungsantrag stattgegeben. Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision des Beklagten hatte Erfolg und führte zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat hat entschieden, dass die von der Klägerin erklärte Kündigung weder als fristlose Kündigung (§ 543 Abs. 1 BGB*) noch als ordentliche Kündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB*) wirksam ist. Die Parteien hatten verabredet, dass die Klägerin (lediglich) die Räume mit den angebrachten Rauchmeldern in Augenschein nehmen sollte. Zu einer weiteren eigenmächtigen Besichtigung war die Klägerin nicht berechtigt. Indem sie dies gleichwohl – gegen den Willen des Beklagten – durchzusetzen versuchte und seiner Aufforderung, das Haus zu verlassen, nicht nachkam, hat sie das Hausrecht des Beklagten verletzt. Sie trägt deshalb zumindest eine Mitschuld an dem nachfolgenden Geschehen, die das Berufungsgericht bei seiner Abwägung rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt hat. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten waren, hat der Senat unter Aufhebung des Berufungsurteils in der Sache selbst entschieden und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts zurückgewiesen.
Angesichts der Gesamtumstände, insbesondere des vorangegangenen pflichtwidrigen Verhaltens der Klägerin, stellt das mit der Kündigung beanstandete Verhalten des Beklagten – selbst wenn er damit, wie das Berufungsgericht angenommen hat, die Grenzen erlaubter Notwehr (geringfügig) überschritten haben sollte – jedenfalls keine derart gravierende Pflichtverletzung dar, dass der Klägerin deshalb die weitere Fortsetzung des Mietverhältnis nicht zugemutet werden könnte (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB). Auch von einer Vertragsverletzung von einem Gewicht, das ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Beendigung des Mietvertrags rechtfertigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB), kann unter diesen Umständen nicht ausgegangen werden.
Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofs, Nr. 090/2014 vom 04.06.2014
Zur Begründung der Eigenbedarfskündigung
Eine Eigenbedarfskündigung wurde damit begründet, dass der Vermieter die Wohnung für seine Tochter benötigt, die dort mit ihrem Lebensgefährten einen gemeinsamen Hausstand begründen möchte. Der Lebensgefährte wurde in der Kündigung nicht namentlich benannt.
Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben, das Landgericht hat sie abgewiesen.
Der Bundesgerichtshof entschied, die Begründung der Kündigung wäre ausreichend und die Nennung des Namens des Lebensgefährten sei nicht notwendig gewesen.
BGH Urteil vom 30. April 2014 – VIII ZR 107/13
Kündigung Garagenmietverhältnis
Wenn Wohnung und Garage Bestandteile eines einheitlichen Mietverhältnisses sind, ist eine Teilkündigung des Mietverhältnisses über die Garage nicht zulässig. Dies ist offensichtlich der Fall, wenn beide Bestandteile e i n e s schriftlichen Vertrages sind. Aber auch wenn dafür jeweils ein eigener schriftlicher Vertrag besteht, würde man in der Regel ein einheitliches Mietverhältnis annehmen, wenn Wohnung u. Garage auf dem selben Grundstück liegen.
(BGH, Urteil vom 12.10.2011 – VIII ZR 251/10)
Dieses Urteil bestätigt eigentlich nur die auch schon bisher vorherrschende Rechtsauffassung zu diesem Thema. Da im Einzelfall die Gesamtumstände zu berücksichtigen sind, sollte man sich als Betroffener auf jeden Fall beraten lassen. Dies ist im Rahmen der Mitgliedschaft bei uns möglich.
Kurz zu Kündigungsfristen im Mietverhältnis
Seit 2001 ist die gesetzliche Kündigungsfrist für den Mieter 3 Monate (exakt: "spätestens am 3. Werktag eines Monats für den Ablauf des übernächsten") – egal wie lange das Mietverhältnis bestand.
Für Vermieter ist sie gestaffelt: 3 Monate bei einer Mietdauer unter 5 Jahren, ab 5 Jahren sind es 6 Monate Kündigungsfrist und ab 8 Jahren Mietdauer 9 Monate.
Bei Verträgen, die vor dem 1.9.2001 abgeschlossen wurden, könnten evtl. für beide Seiten davon abweichende Regelungen gelten. Am Besten Mitglied werden und sich beraten lassen (wie überhaupt, wenn es bei Beendigung des Mietverhältnisses Fragen oder Probleme gibt)!
Bundesgerichtshof zu Kündigungsausschluss
Eine mietvertragliche Vereinbarung, wonach die Parteien wechselseitig auf die Dauer von 4 Jahren ab Vertragsbeginn auf ihr Recht zur ordentlichen Kündigung verzichten und diese erst nach Ablauf dieses Zeitraumes mit der gesetzlichen Frist zulässig ist, ist gemäß Entscheidung des Bundesgerichtshof unwirksam – jedenfalls, wenn es sich um eine vorfomulierte Vereinbarung handelt.
Als Begründung wird gegeben, dass einerseits die 4 Jahre nicht ab Vertragsabschluss zu laufen beginnen und andererseits die Kündigung erst nach 4 Jahren möglich wäre, was im Ergebnis zur Überschreitung der bei vorformulierten Vereinbarungen höchstzulässigen Bindung auf 4 Jahre führen würde.
(BGH, Urteil vom 8.12.2010 – VIII ZR 86/10)
Da es verschiedene Vertragsgestaltungen u. Entscheidungen zu diesem Thema gibt, solte man sich bei Problemen mit Kündigungsausschlüssen unbedingt individuell von uns beraten lassen. Und zum Glück gibt es auch bei gültigen Ausschlüssen evtl. doch noch Möglichkeiten, vorzeitig aus dem Vertrag auszuscheiden.